Amerikanische Gastschüler*innen polieren Stolpersteine

Mit ihren Austauschpartner*innen vom St.-Georg-Gymnasium machten sich am Montag sechs Besucher*innen aus dem amerikanischen Canton auf den Weg, die Stolpersteine in der Bocholter Innenstadt zu polieren. Bereits im  Deutschunterricht an der Canton Highschool hatten die Jugendlichen mit ihrer Deutschlehrerin Nikoletta Strasser einzelne Schicksale der deportierten Bocholter Juden recherchiert. Wie es dazu kam? Eine ebenso interessante wie berührende Geschichte:
Die Amerikanerin Irene Stern-Frielich, die ganz in der Nähe von Canton/Massachusetts lebt, hat jüngst die Geschichte ihres jüdischen Vaters Walter Stern, der 1933 in Bocholt geboren und aufgewachsen ist, in einem Buch veröffentlich. Sie ist vor einigen Jahren nach Bocholt gereist, um Walter Sterns Geschichte zu erforschen und die Stationen seines Lebens nachzuzeichnen. Er hatte als Kind die Reichskristallnacht in Bocholt erlebt, die Kriegsjahre in den Niederlanden im Versteck überlebt und ist später in die USA ausgewandert. Ein Teil seiner Familie aus der Nordstraße war bereits vorher deportiert und umgebracht worden.
Nur durch Zufall ist Irene bei ihrem Besuch in Bocholt auf das St.-Georg-Gymnasium gestoßen (weil sie den Haupteingang auf einem Foto ihres Vaters wiedererkannt hatte). Dort traf sie auf eine Lehrerin, die ihr spontan die Schule und das Museum gezeigt hat. Irene Stern-Frielich konnte kaum glauben, dass eine Schule in Canton einen über 40 Jahre lang andauernden Austausch ausgerechnet mit eine Schule in Bocholt hat, der Heimatstadt ihres Vaters. Inzwischen ist Irene Stern-Frielich mehrmals in der Canton Highschool gewesen und hat dort über die Geschichte ihres Vater und die Judenverfolgung in Europa in der Zeit des Nationalsozialismus berichtet. Sie hat den amerikanischen SchülerInnen auch das Konzept der Stolpersteine erläutert und den Jugendlichen dargelegt, wieviel ihr die Verlegung der Stolpersteine vor dem Haus ihrer Familie in Bocholt im Sommer 2019 bedeutet hat (sie selbst war mit ihrem Mann und Sohn bei der Verlegung anwesend, das BBV berichtete). Die ganze Geschichte lässt sich in ihrem im vergangenen Herbst erschienenen Buch “Shattered Stars – Healing Hearts” nachlesen.
Mit der gemeinsamen Putzaktion möchten die Jugendlichen beider Staaten die seit 1979 bestehende Schulpartnerschaft zwischen der Canton Highschool  und dem St.-Georg-Gymnasium nach der Corona bedingten Zwangspause wieder beleben und ein Zeichen des gemeinsamen Erinnerns setzen.

Text und Fotos: U. Piemontese